Vor Jahren richteten wir Initianten mit pensionierten Schriftsetzerfreunden viele Setzkästen neu ein. Die Letter kamen in unsere besten Schubladenschränke, kaputte Schriften und verrostete Schränke entsorgten wir. Die älteren meiner Berufskollegen hatten ihre persönliche, kurze schwarze oder blaue Schürze an und eine Lesebrille auf der Nase. Diese Arbeit nahm einige Wochen in Anspruch. Dabei fiel mir auf, wieviel Altersunterschied wir da in die Druckwerkstatt brachten.
Von Anfang an war klar, dass die Jahrgänger:innen 1940–1964, die den Bleisatz, Buchdruck und das Handbuchbinden als Lehr- und Arbeitszeit erlebt haben, allen nachfolgenden Berufsleute die Handfertigkeiten und das Knowhow vermitteln können.
Die reine Bereitschaft sein Wissen an Jüngere weiterzugeben, reicht natürlich nicht aus. Wir müssen die Jungen oder wenigstens die Interessierten ab Jahrgang 1970 erreichen, solange die «Analog Native*» es übergeben können. Genau da ist unser Dilemma. Dies ist die arbeitende Bevölkerung! «Wann hättet ihr denn Zeit?» frage ich mich und weiter: «Wie spreche ich überhaupt Leute unterschiedlichen Alters an?».
Mit diesen Fragen ging ich vor fast zehn Jahren an einen Tagesworkshop der Generationenakademie**. Auf der Ausschreibung stand: «Der Workshop bestärkt die Teilnehmenden in ihrem Vorhaben und gibt Hinweise zur Entwicklung und Realisation von Generationenprojekten». Im Zentrum standen Kurzpräsentationen der Projektideen mit Feedback und Diskussion in Kleingruppen. Es war mein erstes Mal, wie ich Weiss- und Schwarzkunst in seiner ganzen Kompexität vorstellte und wo ich statt Antworten viele Rückfragen erhielt. Die Projekte der Anderen waren unterschiedlich weit gereift, bei manchen wäre ich sofort eingestiegen.
Menschen aller Generationen zu verbinden, ist eines unserer Vereinsanliegen. Elias Rüegsegger («und» das Generationentandem) sowie meine damalige Mentorin Maja Graf (Generationenakademie) luden mich zu einigen digitalen Stammtischen ein: «Wir wollen Erfahrungen, die aus der Corona-Krise entstanden, das erarbeitete Wissen und die gemeinsamen Anliegen zusammenbringen und etwas Gemeinsames schaffen, das uns allen hilft.» Zum Beitrag
Ich notierte mir Fragen und wertvolle Inputs. Wie können wir die Zusammenarbeit von Profis und Laien gestalten? Wie verbindet man ein Projekt vor Ort mit einer überregionalen Vernetzung? Wie lässt sich ein Ziel definieren? Mein wichtigster Punkt, den ich nun begriffen habe ist, was Maja Graf als Schlusswort sagte: «Generationen sollen sich auf Augenhöhe begegnen können. Das heisst, wir wollen nicht Junge ins Boot holen, sondern mit ihnen zusammen ein Boot bauen.
Was das für unsere Werkstatt heisst, erahne ich in einzelnen Szenarien. Mit jeder Idee wächst eine weitere:
– Der Bereich Letterpress ist naheliegend: Das Design setzt der Gestalter am Computer um. Die Hochdruckform (Klischee) wird von den digitalen Daten erstellt. Junge zeigen Älteren die dafür praktische Software.
– In der Welt der Papiere, der Schriften und der Farben lernt man nie aus. Die Diskussion über Anwendungen und Kombinationen ist stets aktuell.
– Der gedruckte Text kann von Morgenstern, Shakespeare bis Rap oder Poetrie-Slam kommen.
Für mich stimmt dieser Ansatz. Der weitere Tipp nehme ich auch mit: «Nicht lange planen, einfach umsetzen und probieren!». Alte Denkbahnen verlassen, spielerischer miteinander umgehen und visionär denken! Wir werden weiterhin neue Ideen ausdenken.
*«Analog Native» ist ein Pendant zu «Digital Native», also jemand der oder die in der analogen bzw. digitalen Welt aufgewachsen ist.
**Die Generationenakademie war ein Angebot des Migros-Kulturprozents, welches von 2015–2020 lief. Es unterstützte Initiantinnen und Initianten praxisnah bei der Planung und Entwicklung von Generationenprojekten.

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